Kategorien
News zSlider

Was ich als Schwuler hier auslebe, wäre in meiner Heimat der Tod!

Unter dem Motto „Grundsätzlich gleich – für eine bessere Verfassung“ sind am Samstag Tausende Menschen durch Hamburgs Straßen gezogen. Dieses Jahr hatte ich durch einen eigenen Truck und als Teil der offiziellen Abschlussparty, die Möglichkeit den Hamburger CSD mit zu gestalten, während Menschen in meiner Heimat für ihre sexuelle Orientierung getötet werden.

Wer meinem Blog schon länger folgt, wird sicherlich mitbekommen haben, dass meine Eltern Mitte der 80er mit mir als kleines Kind aus dem Iran nach Deutschland geflohen sind. Diese Flucht hat mein Leben vielleicht in doppelter Hinsicht gerettet. Denn selbst, wenn ich den Krieg überlebt hätte, hätte ich als schwuler Mann im Iran eventuell nicht überlebt.

Als schwuler Mann hier leben, bringt eine gewisse Verantwortung mit sich

Es ist schon Paradox, dass ausgerechnet ein schwuler Perser aus dem Iran einen LGBTQ+ Blog macht, schwule Partyreihen hat und die Szene aktiv mit gestaltet, während Homosexuelle im Iran öffentlich hingerichtet werden. Das Privileg als schwuler Mann hier leben zu können, bringt demnach eine gewisse Verantwortung mit sich, die immer mehr aus mir raus möchte.

Das wurde mir besonders durch den CSD am Wochenende in meiner Heimatstadt Hamburg bewusst. Ich war zum ersten Mal mit einem eigenen Truck dabei, den ich im Namen meiner Partyreihe Glory And Youth (G.A.Y.) zusammen mit dem DOCKS (Der Location meiner Party) und Sponsoren umsetzten konnte. Am Abend war meine Partyreihe dann ein Teil der offiziellen Abschlussparty, dem Pink Pauli Festival. Unsere legendäre Halftime Show auf dem Event war ebenfalls so politisch, wie noch nie.

Tatsächlich tut sich etwas in dem Bewusstsein vieler Menschen. Es gab eine Phase, in der ein CSD nur noch als Party verschrieben war. Doch ich habe das Gefühl, dass besonders die sehr jungen Teilnehmer in Köln, Berlin und Hamburg das Bedürfnis haben, politisch zu sein. Selten gab es so viele verschiedene Flaggen, Sprüche und Forderungen, wie dieses Jahr.

Wer im Glashaus sitzt…

Was mich ärgert, sind vor allem die Menschen, die mit dem Finger auf andere zeigen und sagen, der CSD sei nicht politisch genug. Ich frage mich dann immer, welche Forderung auf deren Schild eigentlich stand? Richtig, keine! Denn sie gehen zum CSD als „Zuschauer“ und urteilen dann scharf. Und selbst wenn auf meinem Truck ganz groß das Logo meiner Party steht, tue ich etwas und gestalte diese Demonstration aktiv mit und hatte meine politischen Forderungen groß auf dem Truck stehen. Ich habe bei jedem DJ Gig an diesem Wochenende meine Forderung für mehr Gleichheit, Liebe und Toleranz durch jedes Mikro gebrüllt. Anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen, sollten einige Menschen bei sich selbst anfangen und etwas zum CSD beisteuern.

Homosexualität = Tod

Ich sehe uns da vor allem in der Pflicht für die LGBTQ+ Menschen, die dies eben nicht tun können. Erst im Januar soll ein 31 Jahre alter Mann im Iran öffentlich erhängt worden sein, weil er schwul war. Das berichtete die staatlich kontrollierte Nachrichtenagentur ISNA. Die iranische Gesetzgebung sieht schwere Strafen bis hin zur Todesstrafe für Homosexualität vor. Das können wir uns hier kaum vorstellen. Jedes Date könnte ein Spitzel der Regierung sein und dich ausliefern, was zum Todesurteil führen kann.

Das Problem im Iran ist, dass die Justiz nicht zu durchblicken ist und die Vorwürfe gegen homosexuelle Handlungen nicht nachvollziehbar sind. Menschenrechtlerin Mina Ahadi sagte dazu gegenüber der BILD „Das Regime behauptet in diesen Fällen immer, dass der Geschlechtsverkehr eine Vergewaltigung war“. Sie fügt hinzu: „Das Regime hat zuletzt weniger öffentlich hingerichtet, aber jetzt brauchen sie das wieder, um mehr abzuschrecken. Das ist die Schreckenspolitik dieser Barbaren“. Iran gilt als eines der gefährlichsten Länder für Homosexuelle weltweit.

Wir müssen für alle eine Stimme sein

Wir brauchen den Pride und die Demonstrationen also weiterhin. Denn es geht nicht nur um uns, es geht um die vielen Menschen, die dieses Privileg nicht haben und da zählt jedes Schild, jedes Shirt und jede noch so kleine Flagge. Ein Zeichen ist ein Zeichen, ob als Feier, Umzug oder Demo. Ich versuche dieses Zeichen zu setzten und ich weiß jetzt schon, dass mein Beitrag zum CSD 2020 noch politischer werden wird! / Berry

Bilder: Instagram/annagraphy

wsdc

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert