Es war schon eine etwas verwirrende Ankündigung, als es Anfang des Jahres hieß, dass Kylie Minogue auf dem Melt! Festival in Deutschland spielen wird. Die Pop Prinzessin auf einem Festival mag man sich kaum vorstellen können, doch auf dem Melt, wo Pop auf Indie und Electro trifft, passt das und wir waren live dabei.
Das Melt! Festival ist kein klassisches Festival. Es ist weder Rock, noch ist es ein Rave. Hier trifft Pop auf Indie-Rock, Electro, House und auch Hip Hop. Es ist ein gemischtes Festival auf einem einzigartigen Gelände namens Ferropolis. Es wird auch die „Stadt aus Eisen“ genannt und ist ein Museum und Veranstaltungsort auf einer Halbinsel im ehemaligen Tagebau nahe Gräfenhainichen. Somit stehen hier überdimensional große Bagger und Kräne auf dem Gelände, die besonders bei Nacht perfekt von den Veranstaltern ins richtige Licht gerückt werden. Ein magischer Ort.
Soundcheck mit Kylie
Kylie Minogue tritt Samstag Nacht auf. Geplant ist ihr Auftritt um 0:15 direkt nach Giorgio Moroder, mit dem sie aktuell die Single „Right Here, Right Now“ veröffentlicht hat. Das Festival-Gelände macht an diesem Tag um 16:00 Uhr die Tore für alle Festivalbesucher auf. Kurz vorher ist der Soundcheck für Kylie angekündigt. Einige wenige Mitarbeiter und Presseleute stehen vor der Hauptbühne, um sich die Probe anzuschauen. Von Podesten über Deko-Elemente, wie einen übergroßen Kussmund, bis hin zu Licht-Technik wurde die Bühne für diesen Tag umgebaut. Immerhin ist ein Weltstar zu Gast, der sonst kaum auf Festivals spielt. Kylie probt mit ihrer Band und diversen Tänzern zwei Songs. Zu Beginn wird sie von Securitys abgeschirmt, die sie jedoch selbst von der Bühne verweist, damit alle einen freien Blick auf sie haben. Sehr sympathisch. Sie trägt ganz unscheinbar ein luftiges Sommerkleid mit Turnschuhen und Sonnenbrille. Keine Spur von unterkühltem Zwangsprogramm eines Weltstars. Kylie Minogue strahlt bei den Proben und scheint bestens gelaunt zu sein.

Vorfreude ist die schönste Freude
Kylie scheint am Samstag das Thema auf dem Festival zu sein. Viele Besucher reden über sie. Immer wieder trifft man Leute und jeder fragt den anderen, ob er oder sie sich Kylie anschauen werden. Auf dem Gelände sind große LED Displays angebracht, die sowohl anzeigen, welche Band gleich wo spielen wird, aber auch Tweets von Besuchern durchlaufen lassen. Am Samstag steht hier mehrmals einfach nur der Satz: „What Would Kylie Do?“. Auch im Pressebereich reden alle über Kylie und wir haben kaum Bands und Crews getroffen, die nicht auf den Pop-Star gespannt sind.
Man muss dazu erwähnen, dass Kylie im letzten Jahr ihre Welt-Tournee in Deutschland absagen musste, da sich der Veranstalter insolvent gemeldet hatte. Viele Besucher haben ihre Tickets bis heute nicht erstattet bekommen und waren enttäuscht. Somit ist das Melt! Festival die einzige Gelegenheit gewesen Kylie doch noch in Deutschland in diesem Jahr live zu sehen.
Kylie überrascht mit Coversongs
Giorgio Moroder spielt ein Disco-Party Set und der Platz füllt sich schnell vor der Hauptbühne. Immerhin ist Kylie direkt nach ihm dran. Nachts um 0:25 geht es dann los. Kylie übernimmt die Versionen der letzten Tour, mit der sie nicht nach Deutschland kommen konnte. Das Intro erschallt und eine große LED Leinwand, so groß wie die Bühnen, bildet den Hintergrund der Show. Mittig ist der große Kussmund platziert und leuchtet verführerisch Rot, als dann Kylie zu den ersten Klängen von „Better The Devil You Know“ mit einer Krone auf dem Kopf die Bühne betritt.

Umgeben von 8 Tänzern singt sie einwandfrei live und leitet direkt zu „In My Arms“ über. Spätestens jetzt tanzt die komplette Fläche vor der Hauptbühne und singt lauthals mit. Ganze vier Mal wechselt Kylie ihr Outfit und lässt in der Zeit Videoeinspieler laufen, wie man es von ihren Stadion-Tourneen kennt. Eines der Highlights war ein Cover des Kim Carnes Klassikers „Bette Davis Eyes“. Doch dann folgte ein Cover, womit sicherlich keiner gerechnet hat. Kylie ließ sich einen Notenständer und einen Luftballon in Herzform auf die Bühne bringen. Sie entschuldigte sich, dass sie den folgenden Song nicht auf deutsch singen kann und legte dann die englische Version von Nena´s „99 Luftballons“ hin.
Kylie Minogue, wir lieben dich für deine 99 Luftballons. Auf geht’s in den letzten Tag auf dem Melt! Festival
Posted by Hollywood Tramp on Sonntag, 19. Juli 2015
Den Texte musste sie dennoch ablesen, doch die Menge flippte aus und übertönte Kylie mit der deutschen Version. In Australien war das ein großer Hit, als sie noch klein war, ergänzt Kylie nach dem Cover. Die Stimmung erreichte ihren Höhepunkt. Es folgen Welthits wie „Slow“ oder „Can´t Get You Outta My Head“. Die doch so coolen Festivalbesucher können sich dem Pop-Charm aus Australien kaum entziehen. Bei Songs wie „Spinning Around“, „On A Night Like This“ oder „Love At First Sight“, kann man Kylie kaum noch gegen die Menschenmenge ansingen hören. Das Ende der 75 Minuten-Show bildete „All The Lover“, gefolgt von „Into The Blue“ als Zugabe. „Into The Blue“ war überigens die einzige Nummer aus Kylie´s aktuellen Album „Kiss Me Once“, was immer wieder als schlecht kritisiert wurde und nicht an den alten Erfolg anknüpfen konnte.
Gute Stimmung dank der guten Songauswahl
Überraschend war dennoch, dass das Publikum nicht überfüllt war von Hardcore Kylie Fans. Es waren die „normalen“ Besucher, die sich von Kylie haben überzeugen wollen. Zumindest im Innenbereich vor der Bühne waren alle am Tanzen und auch Kylie Minogue wirkte extrem ausgelassen. Ich habe sie zwei Mal auf ihren großen Tourneen live gesehen. Es ist immer eine große Produktion mit viel Show und Kylie wird oft vorgeworfen, dass ihre Tourneen zu perfekt inszeniert seien. Doch an diesem Abend war alles etwas reduziert und Kylie strahlt ganz von selbst. Sie tanzt, alberte rum und wirkte fröhlicher, denn je. Vielleicht ist besonders bei Kylie, weniger manchmal mehr. Vielleicht musste man die große Show reduzieren, damit die Künstlerin strahlen kann. Was bleibt, ist ein eindrucksvoller Auftritt, der uns alle für 75 Minuten in eine bunte Pop-Welt mitgenommen hat und jeden etwas verzaubert hat. Ein Auftritt, der besser war als alle ihre Touren zusammen.

Setlist:
01 Intro (Breathe)
02 Better The Devil You Know
03 In My Arms
04 In Your Eyes
05 Wow
06 Step Back In Time
07 Spinning Around
08 Your Disco Needs You
09 On A Night Like This
10 Bette Davis Eyes (Cover)
11 Slow
12 Can’t Get You Out Of My Head
13 I Should Be So Lucky
14 The Locomotion
15 99 Luftballons (Cover)
16 Kids
17 Get Outta My Way
18 Love At First Sight
19 Celebration
20 All The Lovers
21 Into The Blue
Bilder: Melt! Festival – © Stephan Flad