
Der neue Song „Shotz Fired“ des hamburger Rappers Bonez MC ist schwulenfeindlich und Gewaltverherrlichung. Dennoch wurde der Clip, in nur vier Tagen, über zwei Millionen Mal auf YouTube gestreamt, als wäre nichts dabei. Ein Phänomen, das in vielen anderen Länder heute nicht mehr denkbar wäre.
Wenn es um deutschen Rap oder Hip Hop Musik geht, scheint in Deutschland eine gewisse Homophobie erlaubt zu sein. Zumindest regt sich kaum noch jemand, außer die LGBT+ Medien, über homophobe Texte auf. Diese Künstler werden sogar groß gefeiert. Aktuelles Beispiel ist Bonez MC aus Hamburg. Die Hook seines neuen Songs enthält die Zeilen: „Eine in dein Bein, boom, Shots fired (Duh), Gruß an meinen kleinen Bullen-Nuttensohn aus Bayern, Sag, du bist nicht schwul (Hah), bist du Meier, Pack ma‘ lieber wieder deine Hand an meine Eier (Schwuchtel)“.
Dann wird der „Schwuchtel“ eben ins Bein geschossen
Genau dieser Song hat seit Freitag (10.04.2020) über zwei Millionen Views auf Youtube, über 140.000 Likes und über 5000 Kommentare, in denen der Rapper überwiegend gefeiert wird (Stand Montag 13.04.2020). Privatsender bigFM lobt den Song sogar als „Reggae-Banger“. Geht es noch? Die Kritik an dem Song bleibt fast komplett aus. Lediglich Queer.de und das Rap-Magazin „16BARS“ machen auf diesen Fall aufmerksam. Zwar hat die „16BARS“ den Track zunächst selber noch vorgestellt, schreibt dann aber in einem weiteren Artikel: „Die Zeilen sind klar homophob“.
Der US-Rap hat seine schwulen Superstars
Es ist schon erstaunlich, was für eine rückschrittliche Entwicklung Deutschland in Sachen Deutschrap macht, während sich die Rap-Szene in den USA zu einer sehr cleveren, sozialkritischen und politisch korrekteren Szene entwickelt. Wie ich Anfang des Jahres in einem Artikel beschrieb, hat die Szene dort mittlerweile ihre schwulen Superstars und diese hört nicht nur die LGBT+ Szene. Nein, Künstler wie „Lil Nas X“ und „Tyler, The Creator“ dominierten die Grammys und die Charts dieses Jahr.
In den USA würde ein Rapper mit einer homophoben Textzeile, seine Karriere automatisch beenden. Die Medien würden sich darauf stürzen und es würde einen regelrechten Shitstorm auf Social Media geben. Ähnlich war es auch mit Eminem, der von Tyler, The Creator für seine aktuelle Musik kritisiert wurde. Eminem disste den queeren Rapper mit einem homophoben Track. Das gab einen großen Shitstorm und Eminem entschuldigte sich und sagte, dass er Tyler, The Creator verletzten wollte, aber damit jede Menge andere Menschen verletzt hat. Ja, die USA haben gelernt und sie lernen sicherlich immer noch.
Schwulenfeindliche Zeilen gehören wohl zum Image
Nicht nur, dass der Deutschrap mittlerweile zu 90 Prozent nur noch Müll produziert (Inhaltlich, wie auch musikalisch), scheinen Rapper wie Bonez MC immer noch schwulenfeindliche und frauenfeindliche Zeilen zu brauchen. Dafür wurden bestimmte Rapper vor einigen Jahren ja auch noch mit einem „Echo“ belohnt. Bravo! Da fühlen sich dann auch weibliche Rapperinnen, die sich gerne mit diesen Rappern zeigen und parallel mit Schwulen rumhängen, nicht verpflichtet. Apropos, dazu gibt es ein Video von Juju, die erahnen lässt, wie homophob die Künstler der deutschen Rap Szene vermutlich sind (ab Minute 16:14).
Es ist peinlich, wie viele Medien in Deutschland stolz von Promi-Outings berichten oder die Regenbogenflagge zur Pride Saison schwingen, aber sich nicht berufen fühlen, über schwulenfeindliche Texte aufzuklären. Ich habe das Video bei YouTube direkt als „Gewaltverherrlichend“ gemeldet und ich hoffe, dass das weitere von euch tun. Es kann nicht sein, dass 5000 Kommentare diesen Song feiern und kaum jemand den Text hinterfragt. Da sind die USA uns ausnahmsweise mehr als einen Schritt voraus. / Berry
Bild: Pascal Kerouche / CC BY-SA