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Offener ESC-Brief: Europa wird erwachsen – Deutschland und Peter Urban nicht!

Beim ESC-Finale gestern Abend in Rotterdam wurde eine Sache ganz klar. Europa und der ESC haben sich musikalisch weiterentwickelt. Nur Deutschland glänzt mit einem schnippischen Kommentator, der keine Kritik verkraften will und einer Nummer, die neben der starken Konkurrenz komplett durchfiel.

Italien gewinnt beim Eurovision Song Contest in Rotterdam mit der Rockband „Måneskin“. Der Song „Zitti e Buoni“ belegt den ersten Platz mit 524 Punkten. Eine Rocknummer, die vom ersten Ton an, greifbar war und eine Band die Generationen von Zuschauern anscheinend auf einen Nenner bringt. Generell war dieses Jahr auffällig, dass die groß produzierten Pop-Ladies mit Windmaschine, Beyoncé-Hommage und Choreo, nicht mehr ganz so angesagt sind. Italien hatte ein Kopf an Kopf Rennen mit der Schweiz und Frankreich, die beide gefühlvolle Songs auf Französisch sangen und eine One-Man-Show hinlegten. Die Vielfalt in den Top Ten dieses Jahr war einfach unfassbar. Europa scheint Musikalisch zu wachsen und offener zu werden.

Deutschland belegt vorletzten Platz

In Deutschland ist dies leider nicht angekommen. Jendrik landet mit seinem Song mit nur drei Punkten auf Platz 25. Vom Publikum gab es sogar gar keine Punkte. Als der Song „I Don´t Feel Hate“ Anfang des Jahres vorgestellt wurde, war ich gar nicht so negativ gestimmt. Doch am Ende, war es die starke Konkurrenz in diesem Jahr und die überaus schlechte Performance von Deutschland beim Finale, die zurecht den Vorletzten Platz eingebracht hat. I just feel sorry, not sorry!

Die Nummer wirkte wie ein Kinderlied, mit einem überdrehten Hauptakteur, der auf Knopfdruck lustig und gute Laune spielen kann, weil das hier eh alles wie ein großes Musical wirkt. Dazu das schlecht gesungene Englisch – was besonders beim ESC oftmals auch ein Sympathiepunkt sein kann – gepaart mit der Atemnot von Jendrik. Und da wäre noch die überdimensional große Hand und die ganze Umsetzung auf der Bühne. Das war weder modern, noch lustig, noch anders. Dabei muss man Jendrik als ambitionierten Musiker sehen, dem sicherlich nicht viel Schuld zuzurechnen ist. Auch die Botschaft war toll, wenn sie denn in dem Kinder-Rave überhaupt ankam. Der NDR hat auf eigene Faust den deutschen Beitrag, ohne öffentliches Voting, bestimmt und nach Rotterdam geschickt. Das hat man nun davon.

Offener Brief an Peter Urban

Schlimmer, als ein Teilnehmer, der bei der Verkündung der Null Punkte auch noch herzhaft lacht und das ganze kaum erst zu nehmen scheint, ist der Kommentator Peter Urban. Er begleitet die Sendung seit Jahren und bot gestern ebenfalls eine Entgleisung nach der nächsten. Lieber Herr Urban, ich möchte folgende Worte direkt an Sie richten:

Sehr geehrter Herr Urban,

ich habe Sie immer sehr als Kommentator des ESCs geschätzt und ich habe Sie immer als sehr kompetent und humorvoll empfunden. Beim gestrigen ESC jedoch haben Sie mich nicht nur verwundert, verärgert und enttäuscht. Sie haben mich daran zweifeln lassen, ob sie wirklich noch die richtige Person für diesen Job sein können?

Sie sind dafür bekannt, auch mal sarkastische Kommentare zu machen und kleine Seitenhiebe an die anderen Länder zu verteilen. Doch ihre gestrige Kommentare wirkten verbittert, unsachlich und sehr subjektiv. Sie haben es geschafft, fast jeden Act nieder zu machen. Die größte Entgleisung waren sicherlich ihre sexistischen Kommentare über weibliche Outfits oder der problematische Vergleich der niederländischen Nummer mit „König der Löwen“.

Generell frage ich mich, wie diese negativ wertende Art der Kommentierung der Idee des ESCs gerecht wird? Es geht doch darum, Länder und Menschen durch Musik zu vereinen und nicht darum mit dem Finger auf andere zu zeigen und zu werten. „Open Up“ ist die Parole zum ESC 2021, aber offen und emphatisch waren sie in keiner Weise.

Den größten Teil ihrer Glaubwürdigkeit haben sie verloren, als sie den deutschen Beitrag beinahe schon manipulieren wollten. Im Intro erwähnten sie unter Hochdruck, wie gut die Nummer bei den Kritikern und Publikum im Vorfeld ankam. Wie gut Jendrik bei der Presse ankommt usw. Nach dem Auftritt behaupteten Sie dann, dass das Publikum begeistert wäre, während die Bilder aus der Halle genau das Gegenteil zeigten. Menschen die gelangweilt auf ihren Plätzen sitzen blieben und ins Leere starrten.

Herr Urban, ihre gestrigen Sprüche waren so negativ, dass sie im Rahmen dieser positiven Veranstaltung, einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen haben. Beim ESC geht es um Gemeinsamkeit und es geht darum, jeden so strahlen zu lassen, wie er ist. Ihre zynischen Kommentare wirken verbittert und rückschrittlich. Die Welt hat sich verändert und wir wollen eben nicht mit dem Finger auf andere zeigen und eine Ellenbogen-Mentalität an den Tag legen. Sie, als Kommentator, sollten die sportlichen Werte eines Wettkampfes vermitteln, nämlich, dass jeder Act, der da oben steht, an diesem Abend ein Gewinner ist.

Bei einem Contest, bei dem die Zuschauer am Ende voten, sollten sie generell nicht so viel Einfluss durch subjektive Äußerungen nehmen, sondern die Sendung gekonnt mit interessanten Fakten schmücken. Ich für meinen Teil werde im nächsten Jahr auf ihre Kommentare verzichten, weil mir einfach der Mehrwert fehlt. Ich hoffe, dass Sie die Kritik, die auf Instagram unter ihren Bilder derzeitig abgefeuert wird, ernst nehmen. / Berry

Foto © EBU / Andres Putting

wsdc