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Martin Tietjen „Ich habe mir viel verbaut, weil ich mich eben nicht geoutet habe“ – Interview

Martin Tietjen sah sich als der neue deutsche TV-Star, als er noch bei dem Musiksender „Viva“ arbeitete. In seinem ersten Buch „Selbstrufmord“, das nun erschienen ist, schildert er seine Erlebnisse von damals und beschreibt auf sehr unterhaltsame und witzige Art und Weise, wie man sich so einiges selbst verbauen kann. Ich habe Martin zum Interview getroffen und mit ihm über sein Buch, Peinlichkeiten und sein „spätes“ öffentliches Outing gesprochen.

Wann kam der Moment, in dem Dir klar wurde, Deine Geschichte muss ein Buch werden?

Die Idee so ein Buch zu schreiben hatte ich eigentlich schon eine ganze Weile. Aber ich hatte einfach Angst, dass die Geschichten, die ich jetzt halt im Buch erzählt habe, dazu führen, dass mich nie wieder irgendein Sender vor die Kamera lässt. Von daher habe ich jahrelang einfach meine kleinen Schmuddel- und Scheitergeschichten im kleinen Kreis erzählt. Meine Kumpels können mittlerweile alle mitsprechen wenn ich mal wieder, wie Opa eine Geschichte von den sieben Weltmeeren erzähle. Ich hab beruflich halt versucht nicht zu sehr anzuecken und habe daher mein Privatleben eher aus meinen Moderationen rausgelassen. Aber irgendwann war ich 30 und der große berufliche Knall ist trotz Zurückhaltung und reinpassen wollen ausgeblieben. Irgendwann saß ich dann mit einer ehemaligen Chefin in einer Bar und erzählte ihr von meinem spießigen, christlichen Gastbruder aus den USA, mit dem ich im Austauschjahr heimlich mal was hatte. Unsere Zimmer waren durch ein gemeinsames Badezimmer verbunden. So konnte man von Zimmer zu Zimmer gelangen ohne dass es meine Gasteltern mitbekamen. Das Problem: bei Sonnenaufgang kehrte seine christliche Moral immer wieder zurück und sein schlechtes Gewissen setze ein. Gute Geschichte! Sie schaute mich an und meinte nur: „Warum machst du eigentlich nichts aus diesen Geschichten – die sind lustig!“. Daraufhin schilderte ich ihr meine Befürchtungen doch niemals mehr moderieren zu können wenn jeder meine Untenrum- und Herzschmerzgeschichten kennt. Sie schaute mich an und sagte: „Wie lange machst du das jetzt mit der Moderation? „ – „Seit zehn Jahren“ antwortete ich ihr. „Und…bist du ein Star? Nein! Wie wärs also mal mit ner Planänderung“.

Nach diesem Abend beschloss ich drauf zu scheißen reinzupassen. Es gibt nichts was mir so sehr Spaß macht wie Andere mit lustigen Geschichten zum lachen zu bringen. Warum das jetzt nicht also auch beruflich machen?

Wie geht man an so ein Projekt ran? Schreibt man alles runter und geht dann zu einem Verlag?

Ein paar Tage nach dem Bar-Abend saß ich zwischen ner Cola und zwei Cheeseburgern im Mc Donalds und fing an die unterhaltsamsten Momente meines Lebens in meinen Gedanken herauszufiltern und in Stichwörtern in eine Xcell Tabelle einzupflegen. Ordnung muss sein. Anschließend fing ich an die Geschichten chronologisch zu sortieren und zu Kapitel zu bündeln. Als für mich das grobe Konzept des Buches stand bin ich zu meiner Moderatorenagentur und habe gefragt ob sie Kontakte zu Verlagen hätten. Etwas skeptisch schauten sie mich an: „Was hast du vor?“ Nachdem ich dann eine erste kurze Zusammenfassung präsentierte kam ein noch skeptischeres „Bist du dir sicher, dass du DIE Geschichten öffentlich erzählen willst?“ Ja, war ich. 

Die Agentur hat dann ein paar Verlage angehauen und tatsächlich hat auch schnell ein Hamburger Verlag Interesse und drei Testkapitel geordert. Als ich die dann nach ein paar Wochen u.a. das Kapitel „Erleuchtung im Darkroom“ abgegeben habe kam recht schnell die Absage. „Uhhh ja nee…das ist nicht so unsers“. Ich glaube meine Agentur war dann eigentlich auch mit dem Buch-Thema und wollte die Idee eigentlich sausen lassen, aber ich bettelte, ob man nicht doch noch drei wirklich große Verlage probieren könnte. Wenn die auch nein sagen sollten, wäre ich ruhig und das Buch-Thema gestorben. Eine Woche später rief mich meine Agentin an und meinte nur: „Du glaubst nicht wer dein Buch haben will, einer der größten Verlage Deutschlands, der Fischer Verlag“.

Dann ging alles recht schnell. Es gab ein Treffen in Frankfurt im Verlag. Alles roch nach Buch, das Gebäude sah aus wie ein altes Gymnasium und die Menschen die dort arbeiteten sahen alle furchtbar seriös und belesen aus. Ich hab dann irgendwann gefragt „Ja aber sind denn meine, doch eher nieschigen Geschichten wirklich was für so einen große, und anständigen Verlag wie Fischer?“ Die Dame vom Verlag, die ich eigentlich eher streng und konservativ einschätzte meinte dann nur überschwänglich: „Ach iwo! Bei der Geschichte im Darkroom – da haben wir gelacht!“

Anschließend hatte ich zehn Monate Zeit das Buch zu schreiben, was sehr viel Arbeit, Angst, Frustration, Zweifel und Daytimedrinking beinhaltete.

Welches Thema im Buch hat Dich am meisten Überwindung gekostet?

Beim schreiben, aber auch jetzt vergeht keine Woche, in der ich nicht mindestens einmal schweißgebadet aus dem Schlaf schrecke und ich mir „BIST DU EIGENTLICH WAHNSINNIG!!!“ denke. Die Gedanken, mit dem Buch ganz schön Blank zu ziehen und damit auch sehr sehr viel aufs Spiel zu setzen sind also sehr präsent. Da ich eh eher paranoid bin, male ich mir zum Teil die abstrusesten Horrorszenarien aus. Das geht von „Mein Vater enterbt mich und redet nie wieder mit mir“ bis hin zu „jemand über den ich geschrieben habe zieht mir eine Bierflasche über den Kopf und verklagt mich“. 

Ich hab mir ja mit dem Buch vorgenommen gegen den aktuellen Trend zu schwimmen. Alle präsentieren sich gerade von ihrer schönsten, perfektesten und bearbeiteten Seite bei Instagram und co. Aber darauf hatte ich einfach keine List mehr. Im Buch mache ich mache quasi anti-Social-Media. Während alle gerade darauf aus sind sich von ihrer möglichst besten Seite zu zeigen, erzähle ich was alles so richtig scheiße und schief gegangen ist. Wahrhaftigkeit ist das neue Sexy! Was bringen uns glattgebügelte, meinungslose Avatare die nichts anderes anstreben als reinzupassen. Und genau das hat mir Angst gemacht. Denn dieses Glattgebügelte funktioniert ja. Ich schaue mir Profile an und frage mich warum diese meinungslose, gefakte Person, die kein Talent hat außer Filter gut zu benutzen eine Millionen Follower hat. Woher kommt dieses Interesse nach dem großen, schönen Nichts?

Sind viele meiner Geschichten peinlich, fragwürdig und zum fremdschämen? Klar! Aber sie sind passiert, und sie passieren anderen Menschen auch, jeden Tag. Und sie machen uns aus. Erst die Fehler die wir begehen bringen uns doch erst weiter und machen uns groß, stark und menschlich. 

Aber natürlich hatte ich große Angst vor der Reaktion meines Vaters. Obwohl wir eigentlich eine sehr gute Beziehung haben, bekommt der schon ziemlich sein Fett weg. Mein Vaters ist halt ein Unikat, ein echter Hanseat. Keine Gefühle und kein Feingefühl aber ganz tief drinnen irgendwie doch Liebenswert. Aber wir hatten schon extremst zu kämpfen. Sei es wegen Schule oder meinem Coming Out. Ja und wenn er zu mir und meinem Bruder Daniel, der das Down Syndrom hat sagt: „Also manchmal weiß ich gar nicht wer von euch beiden der behinderte ist“ muss das natürlich auch ins Buch rein. Obst ihm gefällt oder nicht 🙂

Du sprichst auch offen über Deine Homosexualität in dem Buch. War das je ein negatives Thema in deiner Karriere.

Tatsächlich war das mal ein ziemlich großes, negatives Thema. Allerdings andersherum. Weil ich mich eben nicht geoutet habe, habe ich mir glaube ich viel verbaut. Ich hab halt den privaten Kontakt zu Kollegen absolut vermieden. Ich hab versucht immer Geschlechtsneutral zu antworten, habe wenig über mein Privatleben gesprochen und wenn ein Kollege mal persönlich quatschen wollte, habe ich eher geschwiegen und genickt. Ich glaube viele dachten irgendwann, dass ich einfach nur komisch bin.

Als ich dann zu vom NDR zu joiz gewechselt bin, habe ich beschlossen was anders zu machen. Ich habe jetzt auch nicht laut „GAAAY“ gerufen wenn ich ins Büro gekommen bin, aber ich habe daraus auch kein Geheimnis mehr gemacht. Und siehe da: es war alles gut. Ich habe mich viel freier gefühlt und konnte auch so entspannter arbeiten. Das muss jetzt aber nicht heißen, dass es bei jedem so laufen muss. Ich glaube ich hatte auch im privaten oder in der Öffentlichkeit kaum negative Erfahrungen weil ich auch ein kleiner Feigling bin. Ich laufe nicht auf dem CSD in erster Reihe um laut für unsere Rechte zu kämpfen. Ich habe meinen Freund nie Am Bahnhof geküsst wenn er mich vom Zug abgeholt hat und ich würde schon gar nicht den Mut haben mir schrille Klamotten anzuziehen und tuffelig mit meinen Freunden durch die Stadt zu laufen. Das wäre jetzt auch eh nicht so meins, aber genau diesen Kerlen, die das machen worauf sie Bock haben, die stolz und laut nach außen zeigen wer sie sind, denen gebührt mein voller Respekt. Genau die werden nämlich oft als feminine, verweichlichte Tucken belächelt aber eigentlich sind genau diese Kerle, die sich nicht verstecken und verstellen die  mutigsten und stärksten von uns.

Gibt es theoretisch genug „Peinlichkeiten“ für eine Fortsetzung?

Ich habe tatsächlich schon angefangen zu sammeln. Meine Familie ist einfach ein verlässlicher Storylieferant. Wir waren letztes Weihnachten zum ersten Mal seit langem wieder zusammen im urlaub. Sieben Tage All-Inclusive auf Teneriffa mit der Familie könnte schon alleine ein ganzes Buch füllen. Ich sag nur so viel: An unserem Nachbartisch hat sich ein altes Ehepaar geprügelt und fang niemals an mit Papa über Politik zu diskutieren. Aber auch auf mein Talent für peinliche Situationen ist immer Verlass. Als ich neulich dachte einen flüchtigen und gesuchten Mörder im Supermarkt gesichtet zu haben, habe ich mit meinem Anruf bei der Polizei dafür gesorgt, dass acht Streifenwagen eine sechsspurige Straße gesperrt haben und anschließend den Netto gestürmt haben. Am Ende war es leider einfach nur ein unschuldiger Familienvater der Wurst und Milch kaufen wollte. Ooops. 

Bilder: Sabine Skiba/Fischer Verlag

 

wsdc

4 Antworten auf „Martin Tietjen „Ich habe mir viel verbaut, weil ich mich eben nicht geoutet habe“ – Interview“

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