Seit einem Jahr dürfen gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland heiraten. Am 1. Oktober 2017 wurde dies so entschieden und seitdem gab es einen großen Andrang bei vielen Standesämtern. Nach teilweise jahrzehntelangem Warten gibt es aber dennoch viel zu tun.
Seit dem 1. Oktober 2017 können Homosexuelle Menschen genau so den Bund der Ehe eingehen, wie Heterosexuelle. Mehr als 10.000 gleichgeschlechtliche Paare trauten sich seit der Gesetzesänderung, wie der Tagesspiegel berichtet und bezieht sich auf eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei Standesämtern. Besonders in Großstädten war die Nachfrage nach der Ehe groß. Die meisten Paare ließen jedoch ihre bereits eingetragene Lebenspartnerschaft in eine Ehen umwandeln.
Ein historischer Tag für eine bessere Gesellschaft
Helmut Metzner, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverband (LSVD), sagt zum Jubiläum: „Die Eheöffnung für gleichgeschlechtliche Paare ist ein historischer Tag, sowohl für Lesben und Schwule als auch für eine gerechtere, offenere und demokratischere Gesellschaft. Sie ist der bewegende Höhepunkt eines jahrzehntelangen Kampfes für die rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare und ein Meilenstein in der Geschichte der Bürgerrechte in Deutschland“.
Trotz Ehe für alle fehlt der Respekt in der Gesellschaft
Mit der Ehe für alle ist zwar ein wichtiger Schritt getan, doch Homophobie ist damit nicht automatisch aus der Welt geschaffen. Nun gilt es weitere Ziele innerhalb der Gesellschaft zu realisieren: „Nun geht es darum, mit einer Vielzahl an Maßnahmen aus der gesetzlichen Gleichstellung auch eine gelebte Akzeptanz im Alltag zu machen. Wir wollen, dass lesbische, schwule und bisexuelle Lebensweisen und dass Trans- und Intergeschlechtlichkeit als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität respektiert und anerkannt werden. Das gilt nicht zuletzt für Regenbogenfamilien und insbesondere für die darin aufwachsenden Kinder“. sagt Metzner.
Auch rechtlich gibt es viel zu tun
Auch rechtlich ist noch nicht alles getan: „Die Ehefrau der leiblichen Mutter erlangt ihre rechtliche Elternstellung bislang nicht mit der Geburt des Kindes, sondern erst durch das langwierige und oft entwürdigende Verfahren der Stiefkindadoption. Das ist ungerecht. Das Abstammungsrecht muss hier analog zur bestehenden Regelung für heterosexuelle Ehepaare ausgestaltet werden: Wenn ein Kind in einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft geboren wird, müssen beide Mütter von Geburt an automatisch gleichberechtigte Eltern ihres Kindes sein können. Eine notwendige Reform des Abstammungs- und Familienrechts muss dabei zudem auch die gesamte gelebte Familienvielfalt rechtlich anerkennen. Gerade im Interesse des Kindeswohls muss die Bereitschaft zur Übernahme elterlicher Verantwortung in allen Familienformen vom Recht besser anerkannt und unterstützt werden“ sagt Metzner weiter in einer Mitteilung des Lesben- und Schwulenverband (LSVD).
In der Szene ist der 01.10.2017 auch noch nicht angekommen
Nach langem Kampf vieler Generationen fehlt aber auch etwas das Gefühl rund um diesen großen Tag in der deutschen LGBT-Geschichte. Anders als beim CSD, ist es verwunderlich, dass es rund um den 01. Oktober keine sonderlichen Feierlichkeiten in der Szene gibt. Generell ist die Ehe für alle in Deutschland ganz leise und still eingeführt worden. Das merkt man nicht zuletzt daran, dass viele homosexuelle Menschen, die man nach dem Datum fragt, nicht sagen können, wofür es steht. Es gibt also auch in der Szene noch etwas zu tun.
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